Es ist schon einige Monate her, dass ich auf den Instagram-Kanal von “Rustytravels” aufmerksam geworden bin. Da hat sich doch so ein cooler Surfer-Typ aus Hamburg in den USA einfach mal einen Schulbus gekauft, ihn alleine ausgebaut und dabei auf dieses ganze Schischi verzichtet, auf dem viele andere Vanlifer oft so herumreiten. Auf Rustytravels bekommt man vor allem eins: Fernweh und gewaltige Lust aufs Easy-Going. Man (also zumindest ich) wird mächtig neidisch. Doch man muss auch gönnen können und so war es nur ein logischer Schritt, Kontakt zu den Machern von Rustytravels aufzunehmen und ihnen Löcher in den Bauch zu fragen. Das Ergebnis lest ihr im Folgenden. Viel Spaß dabei.
Moin ihr zwei, stellt euch doch am besten erst einmal kurz vor:
Klar, gerne. Wir sind Vivien (31) und Rouven (30) und beide aus Hamburg. Wir kennen uns seit 2018 und haben uns 2019 dazu entschieden, die Reise, die ich im März 2019 alleine begonnen habe, ab Anfang 2020 gemeinsam fortzuführen.
Und wie kommt man auf die Idee, einfach mal für ein paar Jahre auszusteigen?
Rouven: Ich wollte schon immer den Panamerican Highway runter fahren. Ich habe mich lediglich nie getraut, den Step zu gehen. Bis ich dann mit der Uni fertig war. Ich habe Tourismus Management studiert und mir wurde im Master bewusst, dass ein 9-5 Job für mich überhaupt nicht in Frage kommt. Ich habe mich daher entschieden, auszusteigen – und bereue es bis heute nicht. Meinen Vorteil sehe ich darin, dass ich in die „Norm-Gesellschaft“ ja eigentlich überhaupt nie eingestiegen bin.
Vivien: Ich wollte schon immer Langzeitreisen machen, habe mich aber nie getraut. Ich habe dann eine Ausbildung gemacht, angefangen zu studieren und schon war ich „gefangen” in der Maschinerie. So richtig wohl gefühlt habe ich mich aber nie und spätestens nach einem Jahr habe ich mir einen neuen Job gesucht. Nachdem ich 2018 einen Burnout hatte habe ich mir gesagt, dass ich jetzt den Schritt gehe und meine Koffer packe. Dann haben Rouven und ich uns kennengelernt und der Rest ist Geschichte 🙂
Unterwegs seid ihr in einem selbst ausgebauten US-Schulbus. Wie kam es denn dazu und warum reist ihr nicht z.B. von Hotel zu Hotel?
Das Gefühl von Freiheit steht bei uns beiden ganz oben. Alles was wir brauchen, haben wir immer dabei, und wir können an Orten, an denen es uns gefällt, so lange bleiben wie wir möchten. Unser Leben ermöglicht es uns, uns intensiver mit den verschiedenen Kulturen zu beschäftigen und wir treffen Leute, die man vielleicht nicht kennenlernen würde, würde man im Hotel übernachten. Außerdem regt uns das Leben im Bus zu einem bewussteren und achtsameren Konsum an. Dadurch leben wir viel minimalistischer und überlegen uns dreimal ob eine Sache wirklich von Nöten ist. Und warum gerade ein Schulbus? Nun …
Legendencharakter! Ganz klar. Außerdem habe ich mich viel über Instagram inspirieren lassen und die Idee, einem alten Schulbus neues Leben einzuhauchen und ihn quasi zu recyceln hat mir gefallen.
Rouven, du hast den Bus komplett selbst ausgebaut. Wieso konntest du so etwas, wie lange hat es gedauert und was für Problem sind während des Umbaus aufgetreten?
[adrotate banner=”1″]Ich habe den Bus 2018 In Kalifornien gekauft. Die Suche hat sich da bereits als sehr schwierig erwiesen. Insgesamt habe ich mir drei Busse angeschaut, wobei es tatsächlich der letzte wurde, da man in den ersten beiden gar nicht stehen konnte. „Aller guten Dinge sind drei“, sagt man ja so schön. Der Bus stammt aus 1990 und er hat mir gefallen, da er genau den Motor hatte, nach dem ich gesucht habe – einen 7,3-Liter-Diesel. Warum das für mich besonders wichtig war? Naja, ich wollte einen Bus mit einem Bullet Proof-Motor – einem, der mich trotz hoher Laufleistung noch viele 100.000 Kilometer nicht im Stich lässt. Außerdem war die Länge entscheidend. Die normalen Schulbusse in Amerika sind rund 13 Meter. Ich habe allerdings einen gesucht, der maximal acht Meter lang und damit deutlich wendiger ist.
Auf Europa-Tour
Der Umbau war sehr spannend und zugleich richtig fordernd, da ich überhaupt keine Ahnung hatte von dem was ich dort tat. Alle meine Fähigkeiten habe ich mir während des Umbaus selbst angeeignet. Oftmals habe ich Tage damit verbracht, mir zu überlegen, wie ich etwas so baue, dass es richtig funktioniert und was mir noch wichtiger war – dass es gut aussieht. Einen Bauplan hatte ich mir schon in Deutschland überlegt – ich hatte eine richtige Vision.
Aber trotz Bauplan gab es natürlich auch immer wieder Momente, in denen ich zurückgeworfen wurde. Auf Grund meines Perfektionismus habe ich letztendlich 7,5 Monate gebraucht. Und am liebsten hätte ich noch Monate weitergebaut. Aber ich musste, bedingt durch mein Visa, die USA im März 2019 verlassen.
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Das Besondere an meinem Bus ist definitiv die Dachterrasse. Und auf die bin ich auch besonders stolz. Immerhin war es meine erste Schweißarbeit überhaupt. Außerdem gefällt mir die gesamte Elektronik am Bus. Ich habe 400 Watt Solar auf dem Dach und lade damit meine 220ah-Batteriebank. Somit hat der Bus eigentlich immer ausreichend Strom um autark stehen zu können. Unter dem Bus habe ich noch einen Wassertank montiert, der ein Fassungsvermögen von 220 Litern hat. Genug Wasser um mindestens zehn Tage uneingeschränkt stehen zu können.
Für die Inneneinrichtung konnte ich Bambus-Holz verwenden, das ich über einen Bekannten beziehen konnte. Ich finde, trotz meines Learning-by-Doing Vorgehens ist mir der Innenausbau echt gut gelungen.
Na dann erst einmal „Hut ab“, dass du dich nicht nur an den Umbau herangetraut, sondern ihn auch komplett durchgezogen hast. Und wo seid ihr so mit dem Bus unterwegs? Wo wart ihr schon, wo wollt ihr noch hin?
Gestartet ist die Reise in Kalifornien – genauer in San Luis Obispo. Von dort ging es über Mexiko, Guatemala weiter südlich nach Panama. Nachdem der Bus sechs Wochen beim Zoll in Panama stand (in der Zeit bin ich zum Arbeiten nach Hause geflogen), haben wir ihn (dann schon zusammen) Anfang Januar wieder abgeholt und startklar gemacht. Seitdem befinden wir uns auf der Inselgruppe Bocas del Toro an der Karibikküste von Panama.* Mitte Februar soll die Reise dann wieder etwas nördlicher Richtung Nicaragua gehen, wo wir gerne die Regensaison April – September verbringen möchten.
Ziel wäre es, in den nächsten zwei Jahren Patagonien zu erreichen. Ein langer Weg, der noch viele Abenteuer bereit halten dürfte. Größte Hürde wird definitiv die Verschiffung des Busses von Panama nach Kolumbien sein. Aber auch diese Herausforderung werden wir meistern.
Das klingt spannend. Und ich merke schon, es geht euch nicht nur ums Chillen, auch eine gehörige Prisen Abenteuer muss mit dabei sein. Und könnt ihr mir auch verraten, wie ihr eure Reise überhaupt finanziert? Da du, Rouven, ja direkt von der Uni kommst, kann es ja noch nicht wirklich viel Erspartes geben. Richtig?
Korrekt. Erspartes haben wir nicht. Wir arbeiten beide jedes Jahr auf den Weihnachtsmärkten in Hamburg und München und haben zudem beide noch Online-Jobs, mit denen wir ein wenig dazu verdienen.
Wow, wow, wow. Ich bin echt begeistert. Das klingt alles echt spannend. Und ich bin sehr froh und dankbar, dass ihr uns eure Story erzählt habt. Und ich spreche wohl für alle CampingBuddies, wenn ich sage, wir würden uns sehr freuen, eure Reise auch in Zukunft mitverfolgen zu dürfen. Egal, wohin sie euch führt. Oder habt ihr schon konkretere Pläne für die Zeit nach Südamerika?
Soweit denken wir noch gar nicht. Aber hin und wieder träumen wir davon, Afrika zu bereisen, mit einem Segelboot um die Welt zu schippern oder auch wieder hoch nach Alaska zu fahren, können wir uns vorstellen. Wir lassen alles auf uns zu kommen und versuchen jeden Tag so gut es geht zu genießen und dankbar zu sein, dieses Abenteuer zusammen erleben zu dürfen.
Sensationell. Na dann sind wir doch echt mal gespannt und legen unseren Lesern auf jeden Fall schon mal eure Instagram-Seite an Herz. Also, alle die Rouven und Vivien von Rustytravels folgen wollen, sollten ganz fix auf www.instagram.com/rustytravels gehen. Viel Spaß dabei.
*Corona-bedingt sind Vivien und Rouven aktuell in Deutschland und hoffen, schon bald wieder zu ihrem geliebten Bus zurückkehren und ihre Reise fortsetzen zu können. Wir drücken ihnen die Daumen.